GRID Autosport - Test / Review - game2gether (2024)

GRID Autosport ist ein Rückschritt. Und das ist das Beste daran. Nach GRID 2 und DiRT Showdown machten sich Zweifel breit, ob Codemasters ihr Talent für packende Rennspiele verloren haben. Besonders GRID 2 erntete viel Kritik für die unausgegorene Story und übersimplifizierte Arcade-Mechanik. GRID Autosport verabschiedet sich nun von der schreiend bunten Fun-Racer Szene, keine aufgesetzte Story stört mehr und keine Fans auf sozialen Netzwerken, die es zu gewinnen gilt. Stattdessen setzt GRID Autosport den Fokus wieder auf das bewährte Konzept der früheren Spiele – Rennen fahren.

Start your engines!

Das Intro bereits transportiert diesen erneuten Fokus: beim allerersten Einstieg in den Karriere-Modus wird man direkt in ein Tourenwagen-Rennen katapultiert. Während zwei Runden um den Hockenheim-Ring lernt ihr die Grundsteuerung kennen – Gas, Bremse, Lenkung und auch das bereits aus früheren Titeln bekannte Flashback-Feature, welches uns erlaubt, das Raum-Zeit-Kontinuum zu manipulieren und bei Fehlern einfach einige Sekunden in der Zeit zurückzureisen. Nach einem erfolgreichen Zieleinlauf können wir unseren Fahrer mit Vor- und Nachnamen, Alter, Nationalität personalisieren und auch den Schwierigkeitsgrad festlegen. Dieser ergibt sich aus den Einstellungen der diversen Unterstützungssysteme wie Bremshilfe, Traktionskontrolle oder Anzahl der Flashbacks und beeinflusst die Menge an Erfahrungspunkten, die wir für unsere Rennleistung in GRID Autosport erhalten.

Was mach ich hier – die Disziplinen

Der Karriere-Modus in GRID Autosport funktioniert nach einem einfachen Prinzip. Für jede Rennsaison wählen wir eine der fünf Disziplinen in der wir fahren wollen, ein Event in dieser Disziplin und ein Team für das wir fahren möchten. Die zur Verfügung stehenden Disziplinen sind Touring, Endurance, Open Wheel, Tuner und Street. Jede Disziplin ist dabei in Fahrzeugklassen unterteilt und die Fahrzeuge für die einzelnen Eventrennen werden von den Teams gestellt für die wir fahren. Das passt konsequent zu dem Konzept von GRID Autosport, trotzdem hätte sich mancher mehr persönlicher Note durch eine eigene Fahrzeugauswahl gewünscht.

Touring setzt euch ans Steuer eines hochmodifizierten Serienfahrzeugs und weckt Erinnerungen an die Zeiten früherer TOCA Spiele. Verbissene Hochgeschwindigkeitsduelle Stoßstange an Stoßstange gehören hier zur Tagesordnung, und jede Kurve kann über Sieg oder Niederlage entscheiden.

Der Endurance Modus lehnt sich an die Tradition von 24h Rennen wie Le Mans. Anstatt eine vorgegebene Anzahl von Runden fahrt ihr eine vorgegebene Zeit lang, die Rennen dauern hier je nach Einstellung zwischen 8 Minuten (Standard) bis zu 40 Minuten (Maximale Rennlänge), und spielen sich ausschließlich nachts ab. Endurance ist auch die einzige Disziplin in der der Reifenverschleiß eine Rolle spielt – leider, wie man sagen muss. Für Fans dieser Spielart fallen die Endurance-Rennen zu kurz aus, und der fehlende Tages-Nacht-Wechsel und die Abwesenheit von Boxenstopps nehmen dem Modus einiges an Flair.

Open Wheel setzt euch ans Steuer von Indycar oder Formel 3 Rennboliden und lässt euch darin mit halsbrecherischem Tempo um einen der lizensierten Rennkurse dieser Welt rasen, sei es Hockenheim, Spa-Francorchamps oder Sepang. Die Fahrzeuge sind schnell aber empfindlich, schnell ist ein Spoiler abgebrochen – Open Wheel ist definitiv kein Kontaktsport. Das Handling ist straff und präzise, und das Fahren am Limit macht viel Freude.

Die Tuner-Disziplin vereint Zeitfahren und Drift-Wettbewerbe und fordert von euch gutes Timing, Fahrzeugkontrolle und Präzision. In Drift Events müsst ihr den richtigen Driftwinkel treffen, möglichst nah und genau an Streckenbegrenzungen vorbeischlittern und dabei auch noch schnell sein, und in Time-Attack Events geht’s nicht um Position sondern um die schnellste Rundenzeit.

Street schließlich schickt euch auf enge, abgesperrte Stadtkurse, die keine Fehler verzeihen. Dabei steht euch eine Vielfalt von Fahrzeugen zur Verfügung wie in keiner anderen Disziplin, von Klassikern wie dem Lancia Delta HF Integrale über Sportwagen wie BMW E30 Sport Evo bis zu Supercars wie dem Koenigsegg Agera R. Verengungen, Bordsteine und 90°-Kurven sorgen für spannende, adrenalingeladene Rennen.

Ihr könnt in einer einzigen Disziplin eurer Wahl ungehindert voranschreiten, ohne sich um die anderen zu kümmern. Je höher euer Level in der entsprechenden Disziplin, desto mehr Events stehen euch in jeder Saison zur Verfügung, und desto mehr Teams bieten euch an, für sie zu fahren. Habt ihr jedoch über alle Disziplinen einen bestimmten Level erreicht, schaltet ihr übergreifende GRID Challenges frei, die Events aus allen Bereichen bereithalten und so eure Vielseitigkeit auf die Probe stellen.

Wie fährt sich GRID Autosport

Nach dem sehr arcadelastigen GRID 2 ist GRID Autosport wieder an der feinen Grenze zwischen Arcade und Simulation angesiedelt. Das Handling ist deutlich besser als im Vorgänger, das Grip-Modell ist gelungen, der Kontakt des Fahrzeugs zur Strecke ist gut vermittelt und auch bedeutsam. Haftungsverlust bedeutet in den allermeisten Fällen Zeitverlust, anders als im Vorgänger ist Driften um die Kurven nicht der beste Weg um vorne zu bleiben. Abgesehen von der Möglichkeit, sämtliche Unterstützungssysteme abzuschalten, kann vor jedem Rennen auch das Fahrzeug individuell auf die Strecke angepasst werden. Bremsbalance, Getriebelänge, Differential oder Stoßdämpferhärte, all das ist einstellbar – zwar grob, meist nur in ein oder zwei Stufen, aber es hilft. So kann z.B. auf kurvenreichen Strecken ein kurzes Getriebe das Quentchen mehr Beschleunigung bringen, und eine Abstimmung von Fahrwerk und Differential das Kurvenverhalten entscheidend verbessern.

Das Schadensmodell

GRID Autosport hat ein ausgefeiltes Schadensmodell, entwickelt mit Hilfe des Feedbacks der Community. Wer das sequentielle Getriebe manuell schaltet, und es dabei öfter überdreht, wird es mit der Zeit beschädigen. Als Ergebnis werden Gangwechsel langsamer, und schließlich kann das Getriebe auch mal einen Gang überspringen. Wiederholtes scharfes Abbremsen aus hohen Geschwindigkeiten wird die Bremskraft schneller und stärker aufweichen. Hinzu kommen Kollisionsschäden, die Fahrzeugsysteme in drei Hauptbereichen beeinträchtigen kann: Räder und Lenkung, Motor und Aufhängung. Ein Einschlag in die Bande bei einem Street-Race führt schnell zu einer Beschädigung der Lenkung, wodurch das Fahrzeug dann merklich zur Seite zieht. Bei zu hohem Schaden an den Rädern können diese platzen, was uns eine nackte Felge beschert.

Der Schaden am Motor teilt sich auf in vier Untersysteme. Schaden am Kühler führt zur Überhitzung. Schaden am Turbolader führt zu signifikantem Kraftverlust. Schaden an der Auspuffanlage führt zunächst zu einem kleineren Leistungsverlust, sollte der Auspuff jedoch komplett abfallen, so ist der Verlust deutlich zu merken. Schließlich der Motor selbst – ein Schaden da führt zu einem massiven Leistungsverlust. Schäden am Motorsystem werden nicht nur die Beschleunigung und die Höchstgeschwindigkeit beeinflußen, auch der Motorsound ändert sich entsprechend.

Eine Beschädigung des Aufhängungsystems schliesslich beeinflusst das Verhalten der Dämpfer und Federn, und führt zu unpräzisem Handling. Visuell schwankt das Fahrzeug auch stärker.

Diese drei Systeme sind mit Icons am HUD vertreten, die durch ihre Farbe die Schwere des Schadens anzeigen. Über die Team-Radio Funktion kann man sich den genauen Fahrzeugschaden auch von seinem Ingenieur während der Fahrt ansagen lassen.

Betagte Schönheit – die Grafik

Eines vorweg: GRID Autosport ist kein next-gen Spiel und es ist auch nicht der grafische Überflieger des Jahres. Es ist gut, aber nicht hervorragend, mit Stärken wie auch Schwächen. Die Fahrzeugmodelle sehen hervorragend aus und die DirectX 11 Effekte sind sehr stimmig implementiert. Das visuelle Schadensmodell ist ebenfalls glaubwürdig umgesetzt, und vermittelt gut die Schäden die ihr am Fahrzeug erleidet. Schlecht hingegen die sehr groben Texturen der Lackschäden, besonders im Frontbereich ist das auffällig, wenn nach jedem Zieleinlauf die Kamera auf die Fronthaube zoomt. Das allergrößte Manko allerdings ist die zurückgekehrte Cockpit-Ansicht. Von Fans schmerzlich in GRID2 vermisst, wurden gleich zwei Innenansichten in GRID Autosport implementiert, die leider beide gleichermaßen nutzlos sind. Über die ohnehin groben Innentexturen wurde zusätzlich ein Unschärfefilter gelegt, kein Tachometer, keine Ganganzeige und keine Rückspiegel können in dieser Sicht genutzt werden. Puristen die gerne ohne HUD in der Cockpitansicht fahren, werden hier wieder massiv enttäuscht. Da war die Innensicht im ersten GRID weit besser.

Nicht unerwähnt bleiben sollte aber, dass GRID Autosport durch die Optimierung für Systeme der letzten Generation auf einer Vielzahl von Konfigurationen flüssig läuft. Auf niedrigsten Einstellungen läuft das Spiel selbst auf einem i5 mit 8GB und integriertem Intel HD 4000 Grafikchip mit 60FPS. Selbst etwas betagtere Gaming-Rechner sollten das Spiel in voller HD Pracht und hohen oder ultrahohen Einstellungen flüssig abspielen, und für High-End Systeme unterstützt das Spiel sogar 4K Auflösung.

Online & Multiplayer

Obwohl der Karriere-Modus definitiv den Kern von GRID Autosport ausmacht, so haben sich die Entwickler bei Codemasters auch wieder stärker Gedanken gemacht, wie man mit seinen Freunden – und gegen sie – seine Fahrleistung messen kann. GRID Autosports Online-Dienst RaceNet bietet Spielern wöchentliche Challenges in den fünf Disziplinen, deren Ergebnisse in weltweitem Ranking festgehalten werden. Dazu gibt es klassischen Multiplayer mit bis zu zwölf Spielern, entweder über eigene Lobby oder über sogenannten Playlists die GRIDs Version von Quick Match sind. Wer sich gerne mit einem Freund zuhause duelliert, dem bietet GRID Autosport sogar den altbewährten 2-Spieler Split Screen Modus. Zusätzlich dazu kann im Online-Mode eine eigene Flotte von Fahrzeugen aufgebaut und mit Upgrades ausgestattet werden, was mehr Flexibilität bietet als die von Teams vorgegebenen Fahrzeuge der Einzelspieler-Karriere. Auch bietet GRID Autosport mit Race Clubs eine eigene Clan Struktur – die Race Clubs werden ebenso wie individuelle Spieler im Ranking gemessen, und es gibt sogar die Möglichkeit, eigene Fahrzeuge in Clanfarben zu schmücken.

Let’s have party

Zusätzlich zum ernsthaften Fahrsport bietet GRID Autosport in den Custom Cups den Party Modus als zusätzliche Disziplin. Darin werden mehrere altbekannte, spaßorientierte Modi vereint: Demolition Derby, Checkpoint Race und Eliminator. Im Demolition Derby gilt es auf sich kreuzender Strecke als erster ins Ziel zu kommen – egal ob mit Finesse oder brachialer Gewalt. Im Checkpoint Race habt ihr eine begrenzte Zeit, um von einem Punkt zum nächsten zu kommen. Jedes Mal wenn ihr einen Checkpoint passiert, wird die verbleibende Zeit verlängert, Gewinner ist der Fahrer, der nach Ablauf der Zeit den weitesten Weg hinter sich gebracht hat. Im Eliminator-Mode schliesslich läuft ein Countdown, erreicht er Null, wird der Fahrer an der letzten Position eliminiert, und der Countdown startet erneut. Last man standing!

Fazit

GRID Autosport - Test / Review - game2gether (12)

GRID Autosport ist nicht der ganz große Wurf, macht aber vieles richtig. Man merkt dass Codemasters sich die Wünsche der Spieler zu Herzen genommen haben, und mit Ausnahme der verhunzten Cockpit-Sicht ist es ihnen gelungen, wieder auf den richtigen Weg zu kommen. Die Einzelspieler-Karriere bietet viele Stunden abwechslungsreicher Fahrfreude, und der Multiplayer bietet sowohl einen stabilen Rahmen für ernste Wettkämpfe als auch schnellen Rennspaß für Zwischendurch. Codemasters haben ihren Weg „back to the roots“ gefunden, und ein gutes Rennspiel abgeliefert, welches jedem Fan des Genres empfohlen werden kann.

GRID Autosport - Test / Review - game2gether (2024)
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Author: Msgr. Benton Quitzon

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